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Stabilo 2005

Mit dem Floß auf der Elbe von Dresden bis Hamburg

Die Idee ist eine Befahrung der Elbe von Dresden bis vor die Tore Hamburgs mit einem selbstgebauten Floß, nur mittels Strömung und Muskelkraft. (Gemeint ist rudern.)

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Etwa 2 Monate später waren 1,5 Kubikmeter Holz, ca.200 Nägel und 150 Schrauben 50 m Seil und 9 Tonnen mit einem Gesamtvolumen von 1750 Litern auf einer Fläche von 600 x 270 cm verbaut. Auf Grund der Auflagen des WSA musste Christian in einem zweiwöchigen Kurs einen Binnenschifffahrtsschein erwerben.


Am 20.07.05 wird unser noch namenloses Gefährt von einem 12m-Schwimmbaggerausleger in den Elbhafen Dresden- Pieschen gezogen. Wir sind bereits als Sondertransport von Dresden bis Geestach angemeldet.


Es schwimmt! Dank der 6 cm Beplankung und der zahlreichen Verstrebungen und Verzapfungen wirkt es äußerst stabil. Von nun an sollte unser Floß den Namen "Stabilo" tragen. Im Anschluss erfolgte die Abnahme des "Wasserfahrzeuges" durch das WSA Dresden. Wir müssen u.a. Schwimmwesten, Beflaggung, 2 Staken, 2 Bootshaken, einen Anker nebst Ankerlicht, verschiedene Wurf- und Festmacherleinen und ein Signalhorn an Bord haben.


Abfahrt am 23.07.05. Elbkilometer 58. Die Crew richtet sich ein. Ein Radio, 1 Fernglas, 2 Kocher, 2 Klapphocker zum Rudern, 3 Zelte und ein Gast. Alex (vorn r.) fährt 2 Tage mit uns flussabwärts, bevor er die knapp 100 km nach Dresden zurückradelt. Der Regen wid uns bis zum Ende unserer Reise begleiten und uns klamme Schlafsäcke aber auch ein stets sauberes Deck bescheren.


Am Abend des ersten Tages zeigt sich uns die Elbe zum ersten Mal in ihrer malerischen Schönheit außerhalb der Stadtlandschaften. Die Idylle lässt von den Problemen und dem beinahe Tourabbruch wenige Stunden zuvor nichts erahnen. Denn aus binnenschifffahrtsrechtlichen Gründen müssen wir einen funktionsfähigen Hilfsmotor an Bord haben.


Am frühen Nachmittag lässt sich dieser 36 Jahre alte Motor nicht mehr starten, im Anschluss reist das Starterseil und wir entdecken eine Öllache um unser Floß. Die Stimmung ist auf dem Nullpunkt, doch beim WSC Riesa setzt man uns den 10 PS`er kostenlos wieder in Stand und gibt nützliche Tips. (DANKE) Doch einige Stunden später löst ein Beamter der WSP (Standardkontrolle) bei Fahrt gegen den Strom die Vorleine vor der Achterleine. Was zur Folge hat, dass uns das Polizeiboot fast den soeben reparierten Motor abreißt. (DANKE!)


Am Mittag des 2. Tages treffen wir bei Elbkilometer 109 andere Flößer. Die Münchner laden uns ein und wir erfahren, dass sie mit der "Wellgunde" schon seit Jahren verschiedene Flüsse in Europa befahren, u.a.1984 bis 1988, in fünf Etappen 2500 km auf der Donau. (Weltrekord!)


Das größte Problem ist der Wind. Er drückt uns beständig in die vielen Buhnen. Dort hängt man entweder in der Gegenströmung fest oder wird gleich gefährlich nahe an die Buhnensteine gezogen. 2 Crewmitglieder müssen heftig rudern um die "Stabilo" in der Fahrrinne zu halten. Bei Gegenwind überholen uns sogar manchmal die Spaziergänger am Ufer.


Tag 3. Wir übernachten an einem wunderschönen breiten Sandstrand und beschließen von nun an jeden Tag 40 km zu fahren, was sich durch die unvorhersehbaren Wetterverhältnisse als äußerst schwierig herausstellen wird. Zudem sollen am nächsten Morgen die beiden vorderen, linken Tonnen ausgebaut werden, da wir Angst hatten, die Schräglage könnte von einem Leck herrühren.


Die 2-stündige Ausbauaktion bringt nichts außer zwei leere Tonnen und ein bis heute ungelöstes Rätsel zum Vorschein. Im weiteren Tagesverlauf zwingt uns eine von dutzenden Gierfähren auf der Srecke den Motor anzuwerfen. Dieser verbraucht mal eben 10 Liter Benzingemisch in der Betriebsstunde. An den Gierfähren und bestimmten Brückendurchfahrten sind wir verpflichtet, unter Motor zu fahren um unsere Manövrierfähigkeit zu steigern und notfalls gegen den Strom zu fahren. (was allein mit Rudern nicht möglich ist)


Am 4. Tag gehen wir in der Lutherstadt Wittenberg an Land. Dort besorgen 2 von uns Trinkwasser und Lebensmittel. Während die anderen beiden einen Treibanker konstruieren. (2x3 m Gewebeplane an der Vorderseite des Floßes befestigt, mit Beschwerungssteinen am unteren Ende versehen). Dieser soll uns, durch die große Fläche, bei Gegenwind in der Stömung einfach mitziehen.


Tags darauf sehen wir die Sonne häufiger am Himmel. Das gibt uns Hoffnung auf einen Wetterumschwung und so schlafen wir unter einer Plane an Deck. Sechs Gewitter und triefend nasse Schlafsäcke belehren uns für den Rest der Reise. Der Treibanker indes funktionierte am Tag besser als wir hoffen konnten.


6. Tag, der einzige richtige Sommertag auf der Tour, das Thermometer zeigt 34°C. Wir können zum ersten Mal unsere Sachen richtig trocknen. Doch nach 7 Stunden ohne viel Schatten wünschen sich alle die Wolken zurück. Nach weiteren 5 Stunden wünschen sich alle einen Ankerplatz außerhalb des Elbaltarmes. Den Summton, den Milionen von Mücken erzeugen, hatte wir noch nie so laut gehört.


Gewitter am Morgen des siebenten Tages lassen die Crew erst 12.00 Uhr aufbrechen. So müssen wir den gesamten Tag maximales Tempo herausholen, um unser Tagesziel kurz hinter Magdeburg zu erreichen. Der Binnenverkehr nimmt zu und ab hier, so scheint uns, wird Baden in der Elbe wirklich ungesund.


Am nächsten Morgen erleben wir beim Frühstück an Deck unseren ersten beinahe Zusammenstoß mit einer großen Fahrwasserboje. Beim Mittagessen können wir mit der Mittelplane etwas segeln. Der Rückenwind macht uns bis zu 2 km schneller. Abends gibt es das obligatorische Grillen am Sandstrand.


Tag 9 begrüßt uns mit Idealwind und wird unser zweiter und letzter Tag unter Planensegel. Am Mittag läuft die Stabilo im wunderschönen Tangermünde ein, um Trinkwasser und Benzin zu laden. Das Abendessen fällt jedoch dem einsetzenden Gewitter zum Opfer.


10. Tag - Alles läuft bestens. Die Mannschaft ist eingespielt und wir liegen im Plan. Die Elbe treibt uns mit 4 km/h unserem Ziel entgegen. Gegen 22.00 Uhr bekommen wir nach einer Standardkontrolle der WSP, die Anweisung dem Boot zu folgen. Unter Polizeischutz machen wir unsere erste und einzige "illegale" Nachtfahrt und bekommen einen Zeltplatz im NSG zugewiesen. Komisch aber schön.


Gewitter zwingen uns am Vormittag zum erneuten Anlegen. Doch der Abend entlohnt uns mit Postkartenatmosphäre. Am Tag hatten wir unsereren zweiten Elbebiber direkt vor dem Floß schwimmend beobachten können. Im Verlauf der Reise sahen wir bereits 2 Fischadler, Uferschwalbenkolonien und sogar einen Schwarzstorch.


12. Tag. Auf Grund des zunehmenden Seitenwindes wird fast den ganzen Tag gerudert. Erst am Abend findet die Crew bei Reis mit Mischgemüse in Tomatensoße auf Bratwurst die verdiente Entspannung. Die Ruhe vor dem Pannensturm des nächsten Tages.


Kurz nach dem Frühstück geht das Signalhorn unwiderbringlich über Bord. Beim Mittagessen löst vermutlich eine Welle die Spiritusverpuffung am Kocher aus. Stephan trägt leichte Verbrennungen im Gesicht davon. Zudem haben wir zum ersten Mal das Tagesziel verfehlt. Dennoch riskieren es alle in der letzten Nacht noch einmal ohne Schutz auf Deck zu schlafen. Eine von drei trockenen Nächten.


Tag 14 - Zum letzten mal werden die 1 Meter langen Festmacherpfähle aus dem Sand gezogen. Die Planke wird an Deck geschoben, der Anker eingeholt und das Seilwerk aufgeschossen. Wir brechen wieder einmal bei Regen auf und sind am Mittag in Lauenburg. Beinahe hätte uns die dortige WSP auf Grund eines angeblichen Kennzeichnungsfehlers die Weiterfahrt untersagt. Das können wir jedoch durch beherztes Arrgumentieren und Verweis auf viele vorangegangene Kontrollen in "Androhung einer Anzeige wegen Verstoß gegen die Binnen Schifffahrts Ordnung" umwandeln.


Am frühen Nachmittag testet die 1 m- Bugwelle eines riesigen Schleppverbandes die Konstruktion der Stabilo ein letztes aber beeindruckendes Mal. Etwa 1 km vor dem Wehr in Geesthacht endet unsere Sondererlaubnis. An der Hafenkneipe läd die Crew ihre Sachen in einen Mietwagen und ist nach fünf Stunden Fahrt wieder zu Hause. Die Stabilo vertrauten wir dem Kneipenbesitzer an und hoffen das er sie Ehren hält.


Eine 526 km lange Reise durch 4 Bundesländer geht zu Ende. 13 Tage, täglich 11 Stunden auf dem Wasser. Neben dem Kampf gegen Wind, Regen und die Bugwellen rücksichtsloser Sportbootfahrer, lernten wir die Schönheit der Elblandschaften zu schätzen.


Die Manschaft: ( von l.) Andre, Stephan (o.), Christian, Felix. "Wir würden es jederzeit wieder machen........, vielleicht auf einem anderen Fluss."